Polizeieinsatz in Stuttgart war nicht rechtmäßig

Das Amtsgericht Ettlingen hat entschieden, dass der Polizeieinsatz beim Derby in Stuttgart 2019 unverhältnismäßig und rechtswidrig war (siehe auch BNN+ Artikel).

Nach fast zwei Jahren müssen sich die Gerichte immer noch mit den Vorkommnissen beschäftigen und ein Ende ist aktuell nicht in Sicht.

Ein Betroffener hatte beantragt, dass gerichtlich festgestellt wird, dass seine erkennungsdienstliche Behandlung und das anschließende Festhalten rechtswidrig war und die über Ihn angefertigten Unterlagen zu löschen sind.

Das Amtsgericht Ettlingen stellt fest, dass die erkennungsdienstliche Behandlung, also das Abfotografieren, der mehr als 560 Personen und das anschließende Festhalten bis nach Spielende nicht rechtens war. Darüber hinaus weist es mit Nachdruck darauf hin, dass die betroffenen Fans während den knapp 5 Stunden in Gewahrsam nicht adäquat mit Wasser versorgt und der Zugang zu sanitären Einrichtungen nicht ausreichend war.

Ebenfalls konstatiert das Gericht, dass das polizeiliche Vorgehen unverhältnismäßig war. Von den mutmaßlich 88 Straftaten, die laut Polizei im Rahmen des gesamten Marsches und der Einkesselung begangen worden sein sollen, konnten lediglich 18 Personen als Beschuldigte identifiziert werden. Bei mehr als 560 Personen in der Einkesselung entspricht dies einer Quote von ca. 3%. Selbst zwei Personen, denen ein Wurf einer Baustellenlampe zur Last gelegt wurde, konnten noch während des Marsches – also bevor der Kessel überhaupt zu Stande kam – identifiziert und in Gewahrsam genommen werden. Mindestens einer von Ihnen durfte danach sogar ins Stadion gehen, während etwa 560 Unschuldige weiter im Kessel ausharren mussten und das Spiel verpassten.

Bislang hält die Polizei vollumfänglich an ihrem rechtswidrigen Verhalten fest und legte gegen den – ihr zuwiderlaufenden – Beschluss Beschwerde ein. 

Was heißt das für mich als Betroffener?

Bedauerlicherweise erstmal nichts, außer dem Wissen, dass man nicht nur gefühlt zu Unrecht im Kessel war.

Es handelt sich hier um eine Einzelfallentscheidung, die zwar Symbolcharakter hat, jedoch eben nicht für alle gilt – wie einige Betroffene mit der Einstellung der Verfahren gegen den Einsatzleiter des Polizeieinsatzes erfahren mussten.

Wie geht es jetzt weiter?

Aktuell laufen mehrere, auch durch uns als Fanhilfe unterstützte, Verfahren, unter anderem auch vor dem Verwaltungsgericht. Hier sind noch keine Verhandlungstermine bekannt.

Durch die Beschwerde gegen das Urteil ist dieses noch nicht rechtskräftig. Wann das Verfahren vor dem Landgericht entschieden wird, ist aktuell noch unklar.

Wir halten euch weiter auf dem Laufenden und hoffen, dass diese Chose für alle Betroffenen bald ein positives Ende nimmt und zu Konsequenzen und einem Umdenken bei der Polizei führt.